Keine Stornierungs-kosten nach coronabedingter Absage

OLG Jena, Urteil v. 09.11.2021 - 7 U 16/21

Keine Stornierungskosten nach coronabedingter Absage

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Ein Hotel forderte nach der coronabedingten Absage einer Grundschulschach-meisterschaft in dessen Räumlichkeiten die Zahlung von Stornierungskosten. Vor dem Oberlandesgericht Thüringen blieb die Klagte der Hotelgesellschaft erfolglos. Der Beklagte sei aufgrund der rechtlichen Unmöglichkeit wirksam zurückgetreten. Aus dem dadurch entstandenen Rückgewährschuldverhältnis könnten keine Ansprüche aus der Stornierungsvereinbarung verlangt werden.

Die Beklagte war ein Verein zur Förderung des Schachsports, der plante die viertägigen Grundschulschachmeisterschaften im Mai 2020 im Hotel der Klägerin durchzuführen. In dem im Jahr 2019 abgeschlossenen Reservierung- und Veranstaltungsvertrag war eine Regelung zu Stornierungskosten festgehalten.

Mit Schreiben vom 14.05.2022 teilete die Klägerin dem beklagten Verein mit, dass die geplante Veranstaltung aufgrund der COVID 19-Pandemie nicht stattfinden könne. Sie verlangte sodann einen Teil der Stornierungs-kosten i.H.v. 25.325, 61 EUR und erhob Klage beim Landgericht Erfurt. Dieses wies die Klage ab.

Auch die Berufung der Klägerin zum OLG Jena blieb erfolglos. Dieses entschied, dass die Klägerin die Räumlichkeiten zum vertraglich vereinbarten Zweck zur Verfügung stellen durfte, sodass eine rechtliche Unmöglichkeit vorgelegen habe und der Beklagte wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei.

Die Meisterschaft sollte in einem Raum von 730 qm mit 500 Personen stattfinden, sodass sie das Potenzial habe sich zu einem sogenannten „Superspreader“-Ereignis zu entwickeln. Daher sei dieses Event nach § 2 Abs. 5  der Thüringer Verordnung zur Freigabe bislang beschränkter Bereiche und zur Fortentwicklung der erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 12. Mai 2020 (ThürSARS-CoV-2-Maßn-FortentwVO) verboten gewesen. 

Dabei ging das OLG davon aus, dass Wettkampf in besonderem Maße geeignet sei, die Ausbreitung der Pandemie zu fördern. Von den wie geplant mindestens 500 anwesenden Personen handele es sich in der Mehrzahl (etwa 400) um Minderjährige im Alter von sechs Jahren.  So sei die Umsetzung eines Hygienekonzepts schon  aufgrund der ihnen altersbedingt immanenten Sorglosigkeit und mangelnden Disziplin  nicht zu gewährleisten gewesen. Darüber hinaus, würden noch Zuschauer und Eltern erwartet, sodass ein Zusammenkommen von etwa 750 Personen zu erwarten sei, wobei die Einhaltung von Abständen aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich sei.

Auch obwohl die Verordnung vom 12. Mai 2020 mit Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 1. März 2021 – VerfGH 18/20 – für nichtig erklärt worden sei habe dies nichts an der rechtlichen Unmöglichkeit geändert. Denn diese entstehe bereits mit dem Eintritt der Störung, also dem Erlass des Verbotes. Ein Festhalten am Vertrag sei den Parteien im Hinblick auf drohende Bußgelder und der Fristgebundenheit der Veranstaltung nicht zumutbar gewesen. Der Umstand, dass die Verbotsnorm zu einem späteren Zeitpunkt in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren aufgehoben werden würde, sei für die Parteien auch nicht zu erwarten gewesen.

Durch den Rücktritt sei ein Rückgewährschuldverhältnis entstanden, sodass Ansprüche aus einer Stornierungsvereinbarung folglich nicht mehr verlangt werden können.