Keine Rückerstattung von Ticketkosten bei Angebot eines Gutscheins

BGH, Urteil vom 13.07.2022, Az. VIII ZR 329/21

Keine Rückerstattung von Ticketkosten bei Angebot eines Gutscheins

Kaspars Grinvalds – stock.adobe.com

Wurde eine Ticket für eine Veranstaltung erworben, die corona-bedingt ausfallen musste, hat der Käufer kein Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises gegen die Vorverkaufsstelle, wenn ersatzweise ein Wertgutschein angeboten wurde. Nach dem BGH ist in einem solchen Fall ein Festhalten am Vertrag zuzumuten.

Aufgrund staatlicher Corona-Maßnahmen konnte das geplante Konzert nicht stattfinden. Die Ticketkäuferin wendete sich daraufhin an die Vorverkaufsstelle und forderte ihr Geld zurück. Eine Rückerstattung lehnte diese ab. Jedoch bot die Veranstalterin einen Wertgutschein in Höhe der Gesamtkosten inklusive der Vorverkaufsgebühren an. Diesen lehnte die Kundin ab und erhob Klage auf Rückzahlung der knapp über 300 Euro gegen die Vorverkaufsstelle beim Amtsgericht Bremen.  Dort hatte ihre Klage zunächst Erfolg. Doch im weiteren Instanzenzug entschied das Landgericht und anschließend auch der BGH, dass der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch nicht zustehe.
Der VIII. Zivilsenat des BGH nahm dabei verschiedene Anspruchsgrundlagen in den Blick.

Vorverkaufsstelle verletzte den Vertrag nicht

Die Durchführung der Veranstaltung sei gerade keine Leistungspflicht der Vorverkaufsstelle, bei der die Klägerin die Tickets gekauft hatte. Dieser obliege lediglich eine Pflicht, der Käuferin ein Recht auf Zutritt zur Veranstaltung zu verschaffen, welche sie auch erfüllt habe. Die Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten kam demnach nicht in Betracht. Eine etwaige Garantie für die Veranstaltungsdurchführung treffe das Ticketportal nicht.

Festhalten am Vertrag war zumutbar

Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Ein solcher besteht ohnehin nur in Ausnahmenfällen vom allgemeinen Grundsatz der Einhaltung der Verträge („pacta sunt servanda“). So kann eine Vertragsanpassung möglich sein, wenn sich Umstände die (nicht unbedingt ausdrücklich) Grundlage des Vertrages geworden sind nach dem Vertragsschluss derart schwerwiegend verändert haben, dass die Parteien den Vertrag unter diesen Umständen nicht oder zumindest mit anderem Inhalt geschlossen hätten.

Grundsätzlich kann der Wegfall der Geschäftsgrundlage in Fällen der Veranstaltungsabsage aufgrund hoheitlicher Anordnung durchaus in Betracht kommen. Jedoch liege die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag nicht vor. Denn die Klägerin habe gegen die Veranstalterin einen Erstattungsanspruch zunächst in Form eines Gutscheins und mit Ablauf des 31. Dezember 2021 voraussichtlich in Form einer Auszahlung des Werts des Gutscheins und damit einer Rückzahlung des Ticketpreises. Zwar hatte die Veranstalterin das Gutschein-Angebot unterbreitet und nicht die beklagte Vorverkaufsstelle. Zudem finde die gesetzliche Gutscheinlösung des Art. 240, § 5 Abs. 5 Nr. 2 EGBGB keine unmittelbare Anwendung auf die Vorverkaufsstellen. Der BGH stellte jedoch auf den Willen des Gesetzgebers ab. Dieser sei „ersichtlich auch davon ausgegangen, dass die Berechtigung zur Ausgabe eines Gutscheins durch den Veranstalter die pandemiebedingte Problematik auch bei Beteiligung einer Vorverkaufsstelle löst.“

Demnach sei es der Ticketkäuferin zumutbar gewesen, den Gutschein anzunehmen. Dadurch wären ihr ferner keine untragbaren Nachteile entstanden. Die Klägerin kann folglich nicht die Kosten für die Tickets zurückverlangen.