Erforderlichkeit der Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung

BGH, Urteil vom 24.09.2020 - I ZR 169/17

Erforderlichkeit der Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung

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Ist auf der Webseite eines Unternehmens dessen Telefonnummer zu finden (beispielsweise im Impressum, dem Header, Footer oder der Rubrik „Kontakt“ Kontaktaufnahme) ist diese Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Dies erklärte der BGH nun in seinem Urteil, mit dem das Merkmal der „Verfügbarkeit“ aus der Mustervorlage zum Widerruf in Anhang I Teil A der Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83) konkretisierte.

Die Ausübung eines Widerrufs ist gem. § 355 Abs. 1 S. 1 BGB durch eine eindeutige Erklärung gegenüber dem Unternehmer möglich. Er ist damit nicht formgebunden und kann auch telefonisch erklärt werden.
Anm.: Den genannten Paragraphen findest du am Ende dieser Seite.

Bislang war jedoch unklar, ob der Unternehmer seine Telefonnummer angeben muss, um einen telefonischen Widerruf zu ermöglichen. Die Mustervorlage zum Widerruf in Anhang I Teil A der Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83) sieht in ihren Gestaltungshinweisen folgende Angabe vor:

„Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse ein.“

Das gesetzliche Leitbild sieht mithin die Angabe einer Telefonnummer vor, soweit sie „verfügbar“ ist.

Der Begriff der Verfügbarkeit ist jedoch nicht konkretisiert. Durch die Entscheidung des BGH wurde deutlich, dass es im Rahmen der Verfügbarkeit darauf ankommt, ob die Telefonnummer nach dem Willen des Unternehmers für den Kontakt mit dem Verbraucher genutzt werden soll. Diese Absicht werde schon dadurch erkenntlich, dass die Angabe der Telefonnummer vor dem Vertragsschluss etwa im Impressum, dem Header, Footer oder der Rubrik „Kontakt“ erfolgt. In diesen Fällen gilt die Telefonnummer als „verfügbar“ und ist somit in der Widerrufsbelehrung anzugeben.

Allerdings entschied der EuGH in seinem Urteil vom 16.10.2008 – C-298/07, dass ein Online-Händler verpflichtet sei, den Nutzern der Website vor einem Vertragsschluss neben seiner E-Mailadresse weitere Informationen zur Verfügung zu stellen, welche eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen. Diese Anforderung wird von den Online-Händlern zumeist durch die Angabe einer Telefonnummer erfüllt. Im Umkehrschluss ist diese konsequenterweise auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben.

Sofern kein geschäftlicher Telefonanschluss besteht, müsse ein solcher auch nicht eingerichtet und die Telefonnummer angegeben werden. Dies gelte auch für Fälle, in denen zwar ein geschäftlicher Telefonanschluss besteht, jener aber nicht für die Kommunikation mit Verbrauchern genutzt und daher auch nicht auf den Unternehmens-Webseiten des Unternehmens genannt werde.

Achtung: Die Widerrufsbelehrung ist nicht zu verwechseln mit dem Muster-Widerrufsformular (die in der Regel unterhalb der Widerrufsbelehrung platziert ist). Da die Muster-Widerrufsbelehrung gerade für den schriftlichen Widerruf vorgesehen ist, muss darin keine Angabe einer Telefonnummer erfolgen. Sollte die Telefonnummer dennoch im Muster-Widerrufsformular angegeben werden, ist dies allerdings unschädlich.

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
 
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
 
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.