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Reaction Videos: Sind sie überhaupt erlaubt?
Sutipond Stock – stock.adobe.com
Bei den sogenannten Reaction-Videos reagieren meist YouTuber oder Streamer auf die Videos anderer Streamer oder Youtuber. Dabei wird das Video, auf welches reagiert wird zumeist ausschnittweise gezeigt. An geeigneten Stellen wird es pausiert und entweder humoristisch teilweise aber auch differenziert und kritisch kommentiert.
Aber ist das überhaupt legal?
Urheberrechtsverstoß
Bereits mit dem Erstellen eines Videos entsteht automatisch ein Urheberrecht daran. Das Urheberrecht umfasst neben den Urheberpersönlichkeitsrechten auch die Verwertungsrechte, die nur dem Urheberrechtsinhaber gehören.
Möchtest du das geschützte Werk eines Anderen benutzen, musst du dir dafür vorher vom Urheber ein sogenanntes Nutzungsrecht einräumen lassen.
So ein Nutzungsrecht solltest du dir aus Beweiszwecken immer schriftlich einräumen lassen.
Wird ein Werk ohne ein Nutzungsrecht verwendet, liegt ein Urheberrechtsverstoß vor.
Gesetzlich erlaubte Nutzungen
In ganz bestimmten Fällen, die gesetzlich genau geregelt sind, brauchst du jedoch kein Nutzungsrecht. In Bezug auf die Reaction-Videos kann die Nutzung des Videos eines Anderen aufgrund Zitatrechts des § 51 UrhG zulässig sein.
Anm.: Die im Beitrag genannten Paragraphen findest du am Ende dieser Seite.
Der Zitatzweck zeigt sich nach der Auffassung des EuGH vor allem darin,
„dass ein Werk oder ganz allgemein ein Auszug aus einem Werk … genutzt wird, um Aussagen zu erläutern, eine Meinung zu verteidigen oder eine geistige Auseinandersetzung zwischen dem Werk und den Aussagen des Nutzers zu ermöglichen“ (EuGH, Urt. v. 29.7.2019 – C-516/17 Rn. 78).
Voraussetzung hierfür ist, dass das Video lediglich als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für die eigenen Erläuterungen dient.[1] Die eigenen Erläuterungen müssen eine innere Verbindung zu dem zitierten Werk aufweisen und eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem darstellen.[2]
Natürlich muss auch deutlich werden, dass es sich um ein Zitat handelt, dass in das eigene Video integriert wurde und sich damit von diesem unterscheiden.[3]
Nicht ausreichend ist es, wenn dem Endnutzer nur der Zugang oder das Auffinden erleichtert werden soll.[4] Der Zitatzweck ist außerdem dann nicht erfüllt, wenn nur eigene Ausführen erspart oder vervollständigt werden sollen[5]
Folgen eines Verstoßes
Wenn die Verwendung des Videos weder gesetzlich (insbesondere dem Zitatrecht) zugelassen ist, noch ein Nutzungsrecht beim Urheber eingeholt wurde, liegt ein Verstoß gegen das Urheberrecht vor. Die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines Werkes die nicht den gesetzlich zugelassenen Fällen unterfällt oder ohne Einwilligung erfolgt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (vgl. § 106 UrhG). Dabei handelt es sich allerdings um ein sogenanntes Antragsdelikt. Das bedeutet, dass eine strafrechtliche Verfolgung nur auf Antrag erfolgt.
Darüber hinaus kann ein solcher Verstoß auch Verwarnungen durch die jeweilige Plattform zur Folge haben, auf der man das eigene Video hochlädt. Häufen sich die Verwarnungen kann dies auch zur Kanalsperrung bzw. -Löschung führen.
[1] Lüft, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 51 Rn. 3 f.
[2] Wiebe, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, §51 Rn. 3.
[3] Dreier, in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022, § 51 Rn. 3.
[4] Wiebe, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 51 Rn. 5.
[5] Schulz, in: BeckOK Urheberrecht, Ahlberg/Götting/Lauber-Rönsberg, 35. Edition Stand: 15.07.2022, § 51 Rn. 13.
Urheberrechtsgesetz
§51 Zitate
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn
- 1. einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,
2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
3. einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.
Von der Zitierbefugnis gemäß den Sätzen 1 und 2 umfasst ist die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des zitierten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.